Im Sommersemester 2019 und im Wintersemester 2019/2020 haben Studierende der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg (OTH Regensburg) an der Fakultät Maschinenbau im Labor Faserverbundtechnik unter Leitung von Prof. Dr.-Ing. Ingo Ehrlich im Rahmen von Projektarbeiten ein Fahrrad aus Bambus entwickelt, gefertigt und unter anderem nach DIN 4210 zyklisch geprüft. Ziel war es, ein Fahrrad aus dem schnell nachwachsenden Rohstoff Bambus in Verbindung mit faserverstärkten Kunststoffen in ausgefallenem und ansprechendem Design zu fertigen, das den Fahrradprüfnormen entspricht und in den Fahreigenschaften einem handelsüblichen Modell in nichts nachsteht.
Nach ausgiebiger Recherche von geeigneten Bambussorten über verschiedene Rahmengeometrien bis hin zur Berechnung der auftretenden Kräfte im Fahrradrahmen wurde zunächst eine Rahmenlehre konstruiert, die es ermöglicht den Fahrradrahmen in Größe und Geometrie individuell an die persönlichen Anforderungen anzupassen. Um ein geeignetes Verfahren zum Laminieren der Einzelteile zu finden, wurden Probekörper unter Anwendung unterschiedlicher Fertigungsverfahren von Faserverbundwerkstoffen angefertigt und in einer Zugprüfanlage auf das elastische Verhalten und die Festigkeit geprüft.
Gebrauchte Teile komplettieren die Herstellung
Die Fertigung des vollständigen Rahmens wurde mittels einer Kombination von Glasfaser-Prepregs im hochindustriellen Autoklav-Verfahren und dem manuellen Wickeln von Kohlenstofffaser-Rovings im Handlaminatverfahren realisiert. Anschließend wurde der Rahmen mit Klarlack versiegelt, um diesen vor Umwelteinflüssen zu schützen und eine Hochglanzoptik zu erzeugen. In Zusammenarbeit mit der ortsansässigen Feine Räder GmbH wurde das Fahrrad überwiegend mit gebrauchten Anbauteilen komplettiert und einer ausgiebigen Testfahrt unterzogen. Hierbei zeigten sich die positiven Dämpfungseigenschaften des Bambusrahmens deutlich.
Testverfahren und Optimierung des Prototyps
Das Projektteam im Wintersemester befasste sich mit der Optimierung des Prototyps und den erforderlichen Fahrradprüfnormen, die für eine Markteinführung benötigt werden. Hierzu wurden sowohl ein zweiter Rahmen als auch mehrere Prüfvorrichtungen konstruiert und gefertigt. Mithilfe des Labors Maschinendynamik und Strukturanalyse unter Prof. Dr.-Ing. Marcus Wagner und dessen Mitarbeiter Thomas Greß konnte der Fahrradrahmen in Dauerversuchen 50.000 Lastzyklen ausgesetzt werden. Im Ergebnis zeigte sich, dass der Rahmen den Anforderungen konventioneller Modelle standhält und keinerlei Schäden aufweist.
Als nächste Weiterentwicklung wäre eine Konstruktion aus 100 Prozent natürlichen Werkstoffen denkbar, wobei die belastungsrelevanten Verbindungsstellen durch Verwendung von Naturfasern wie Bambus-, Hanf- oder Jutefasern und ökologischen Epoxidharzen realisiert werden könnten. Somit wäre der Fahrradrahmen eine nachhaltige Alternative für den Alltag.