Arteriosklerose ist eine Krankheit, bei der sich das Innere einer Arterie durch die Ansammlung von Plaque verengt. Weltweit ist sie die häufigste Todesursache. Zur Behandlung werden hauptsächlich Stents, kleine expandierbare Netzröhrchen eingesetzt, die verstopfte Arterien offenhalten und das Innere der Arterie stützen.
Allein in Deutschland werden im Jahr mehr als 300.000 Stentimplantationen durchgeführt, wobei in zehn bis 20 Prozent aller Fälle in den ersten sechs Monaten eine Wiederverengung des behandelten Blutgefäßes auftritt. Ursächlich dafür sind zumeist Gefäßwandverletzungen, zu denen es durch die konkave Öffnung des Stents während der Implantation kommt. Hier bieten additive Fertigungsverfahren, insbesondere die Laser Powder Bed Fusion (L-PBF), ein großes Potenzial, auf den Patienten zugeschnittene Stents herzustellen.
Potenzial der Laser Powder Bed Fusion erforscht
Im Rahmen ihrer Doktorarbeit mit dem Titel „Numerische Analyse von lasergeschmolzenen Stents aus Edelstahl 316L unter Berücksichtigung prozessbedingter geometrischer Unregelmäßigkeiten“ befasste sich Dr. Lisa Wiesent im Wesentlichen mit der Frage, wie der L-PBF-Prozess die Geometrie, Werkstoffeigenschaften und damit auch das mechanische Verhalten additiv gefertigter Stents beeinflusst. Dr. Wiesent führte die Forschungsarbeiten als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der OTH Regensburg im Computational Mechanics and Materials Lab (CMM-Lab) bei Prof. Dr. Aida Nonn in Zusammenarbeit mit dem Labor für Werkstoffrandschichtanalytik von Prof. Dr. Ulf Noster und dem Labor für Medizintechnik von Prof. Dr. Thomas Schratzenstaller durch.
Im ersten Teil ihrer Arbeit entwickelte Wiesent einen numerischen 3D-High-Fidelity-Modellierungs- und Simulationsansatz zur Vorhersage des mechanischen Verhaltens ballonexpandierbarer Stents. Die Genauigkeit und die Leistungsfähigkeit dieses Ansatzes wurden durch den Abgleich mit experimentellen Ergebnissen eindrucksvoll nachgewiesen.
Der zweite Teil der Arbeit befasste sich experimentell mit der Frage, wie die mechanischen Eigenschaften des Edelstahls L-PBF 316L zum Beispiel durch die Probengröße beeinflusst werden. Fazit: Diese Einflüsse äußern sich durch prozessbedingte Unregelmäßigkeiten, insbesondere bei kleinen, filigranen Proben, und müssen daher berücksichtigt werden.
Hohe Übereinstimmung von Simulation und Experiment
Im letzten Teil der Arbeit untersuchte Wiesent das Crimp- und Expansionsverhalten der gefertigten L-PBF-Stents mit allen Nachbearbeitungsschritten zunächst experimentell. Für die numerische Analyse dieser Zustände wurde die Geometrie der zuvor untersuchten Stents mit Hilfe von CT-Scans rekonstruiert und für die Simulation aufbereitet. Der folgende Vergleich ergab eine sehr gute Übereinstimmung zwischen vorhergesagtem und experimentellem Stentverhalten. Die entwickelte Methodik eignet sich damit dafür, zur Verbesserung der mechanischen Eigenschaften beizutragen.
Die in dieser Arbeit entstandenen numerischen Werkzeuge und Methoden sowie die daraus gewonnenen Ergebnisse und Erkenntnisse stellen wichtige Grundlagen für das optimierte und sichere Design von L-PBF-Stents dar. Zudem können sie die Kosten für Designentwicklungen deutlich reduzieren.
Das Promotionsverfahren war an der Universität Regensburg (UR) angesiedelt, erster Mentor und Prüfungsvorsitzender war Prof. Dr. Christof Schmid. Zum Prüfungsausschuss zählten außerdem Prof. Dr. Aida Nonn (OTH Regensburg) als Betreuerin und Erstgutachterin, Prof. Dr. Karla Lehle (UR) als zweite Mentorin und Zweitgutachterin, Prof. Dr. Thomas Schratzenstaller (OTH Regensburg) als Drittprüfer und Prof. Dr. Ulf Noster (OTH Regensburg) als Ersatzprüfer. Als externe Gutachtende fungierten Prof. Dr. Michael Gee von der Technischen Universität München (TUM) und Prof. Dr. Ashley Spear von der University of Utah, Leiterin des Multiscale Mechanics & Materials Lab, mit der Frau Dr. Wiesent als Fulbright-Stipendiatin zusammenarbeitete.